Vitamin B12 wird häufig mit einer veganen Ernährungsweise in Verbindung gebracht. Doch was genau hat es mit diesem Vitamin auf sich? Welche Funktionen hat es im Körper? Wie kann man den Bedarf decken? Wann sollte man supplementieren und in welcher Dosis sollten die Präparate dann sein? Was passiert bei einem Mangel? Und kann man Vitamin B12 überdosieren? Ist es wirklich nur für Veganer relevant? All das erfährst du in diesem ausführlichen Artikel.

Funktionen im Körper

Vitamin B12 fungiert als sogenanntes Coenzym und hat im Körper einige wichtige Funktionen.

Es ist am Abbau der toxischen Aminsoäure Homocystein beteiligt (welche nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel gebildet wird) und reguliert somit die Homocysteinkonzentration im Körper. (Deswegen lassen erhöhte Homocysteinwerte übrigens auch auf einen Mangel schließen, dazu aber später mehr).

Außerdem ist Vitamin B12 auch für die Zellteilung und-differenzierung wichtig – so erfüllt es unter anderem Funktionen in der DNA-Synthese und der Blutbildung.

Zudem ist es an verschiedenen Ab- und Umbauprozessen beteiligt, z.B. im Fett- und Aminosäurestoffwechsel.

Wer es genauer wissen möchte: Methyl-Cobalamin ist ein sogenannter Methylgruppen-Überträger und außerdem kann B12 intramolekulare Umlagerungen bewirken.

Die Quintessenz ist aber, dass Vitamin B12 an vielen wichtigen Funktionen im Körper beteiligt ist und ein Mangel deswegen schwerwiegende Folgen haben kann.

Vitamin B12 Ernährungswissen

Aufnahme von Vitamin B12 in den Körper

Wie funktioniert nun die Aufnahme und der weitere Stoffwechsel von Vitamin B12 im Körper?

Vitamin B12 liegt teils frei in der Nahrung vor (oder eben im Nahrungsergänzungsmittel) und bindet im Mund teilweise an Transportproteine (sogenanntes Haptocorrin aus den Speicheldrüsen der Mundschleimheut). Meist ist Cobalamin aus der Nahrung aber bereits an Proteine gebunden.

Im Magen wird das gebundene B12 aus der Nahrung dann zunächst durch Enzyme freigesetzt und bindet an Haptocorrin (wie zuvor freies B12 im Mund). Zeitgleich wird auch der sogenannte Intrinsic Factor im Magen sezerniert. Dieser und der B12-Haptocorrin-Komplex wandern vom Magen in den Dünndarm, wo Vitamin B12 wiederum abgespalten wird. Dort kommt es dann zur Bindung an den Intrinsic Factor (IF). Dieser Komplex ist nun vor den Verdauungsenzymen geschützt – er kann also nicht mehr gespalten werden und kann sich so weiter durch den Darm bewegen.

Im letzten Dünndarmabschnitt kommt es dann zur Resorption von Vitamin B12. Diese kann auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen:

In physiologischen Dosen wird der B12-IF-Komplex über einen sogenannten aktiven Transport durch die Darmschleimhaut aufgenommen. Da die Anzahl der Rezeptoren begrenzt ist, ist die entsprechende Aufnahmemenge limitiert. Pro Mahlzeit können so maximal 1,5-2,5 µg Vitamin B12 aufgenommen werden.

Ein Teil des Vitamin B12 wird auch durch die sogenannte passive Diffusion aufgenommen. Diese Art des Transportes ist per se nicht begrenzt und ist vom sogenannten Konzentrationsunterschied abhängig. Das heißt, ist die B12-Konzentration im Darm höher als in der Darmwand, wird B12 in diese aufgenommen, um die Konzentration auszugleichen. Je mehr Vitamin B12 wir oral aufnehmen, desto mehr Vitamin B12 wird über diesen passiven Transport aufgenommen (da der Konzentrationsunterschied dann höher ist).

Je höher also die orale Dosis an Vitamin B12 ist, desto mehr wird anteilig über die Diffusion aufgenommen und desto weniger über den aktiven Transport.

Aus dem Darm gelangt Vitamin B12 dann ins Blut. Hier liegt es gebunden an Transcobalamin II vor. Dieser Komplex wird Holo-Transcobalamin-II (Holo-TC) genannt und ist für die Blutdiagnostik relevant.

Der Hauptspeicherort für B12 ist die Leber und die Muskulatur. Der Gesamtkörperbestand beträgt ca. 3-5mg, was vergleichsweise sehr hoch ist. (Deswegen machen sich Mangelsymptome oft erst nach Jahren bemerkbar, hierzu aber auch an späterer Stelle mehr).

Zudem unterliegt das Vitamin einem enterohepatischen Kreislauf. Das heißt, über die Galle ausgeschiedenes Cobalamin wird zu großen Teilen im Darm zurückresorbiert.

Vitamin B12 kann außerdem von Mikroorganismen im Dickdarm synthetisiert werden. Allerdings liegt der Ort der Resorption ja in vorherigen Darmabschnitten, so dass keine nennenswerten Mengen (wenn überhaupt?) vom Körper aufgenommen werden können.

Außerdem kann Vitamin B12 auch über die Mundschleimhaut resorbiert werden, was in Bezug auf Vitamin B12-haltige Zahnpasta oder Lutschtabletten interessant ist.

Zufuhrempfehlung und Bedarfsdeckung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr 4µg pro Tag für Erwachsene. Für Kinder sind die Werte etwas niedriger gesetzt und für Schwangere und Stillende besteht ein erhöhter Bedarf. Die genauen Werte kannst du hier nachlesen.

Vitamin B12 wird ausschließlich von Mikroorganismen gebildet, welche auch im Verdauungstrakt vieler Tiere zu finden sind. Deshalb wird es dem menschlichen Körper normalerweise über tierische Lebensmittel zugeführt. Außerdem wird vielen Nutztieren Vitamin B12 ins Futter gemischt. Hohe Gehalt finden sich in Innereien, Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Eiern und Milchprodukten.

In der Grafik siehst du beispielhaft einige Vitamin B12-Gehalte in tierischen Lebensmitteln. Wichtig: Mir geht es nicht darum, akribisch herumzurechnen. Die Werte sind nur als Orientierung gedacht und zum groben Einordnen der Lebensmittel. Zudem können die Angaben je nach Quelle leicht schwanken.

Vitamin B12 Gehalte in Lebensmitteln

Quelle: Eigene Darstellung, Werte aus: Der kleine Souci/Fachmann/Kraut (2011)*

Pflanzliche Lebensmittel enthalten höchsten Spuren an Vitamin B12. Zum Beispiel entstehen diese durch bakterielle Gärung bei Sauerkaut oder Kimchi. Auch Meeresalgen und Shiitake-Pilze können B12 enthalten, aber hier sind die Gehalte stark schwankend. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit der in pflanzlichen Lebensmitteln enthaltenen B12-Formen für den Menschen unklar ist – einige könnten die Aufnahme von Vitamin B12 sogar reduzieren.

Deswegen ist nach heutigem Wissensstand eine bedarfsdeckende Vitamin B12-Zufuhr bei einer rein pflanzlichen Ernährung nicht möglich. Veganer sollten deshalb dauerhaft ein Präparat einnehmen. Auch für Vegetarier kann dies – je nach Ausgestaltung der Ernährung – sinnvoll sein.

Supplementierung

Was ist bei der Supplementierung von Vitamin B12 zu beachten?

Egal ob Tropfen, Tabletten oder sonstige Methoden – bei der Einnahmeform scheint es keine Unterschiede in der Wirksamkeit zu geben – diese kann nach den persönlichen Vorlieben gestaltet werden.

Spannender wird es schon bei der Vitamin-B12-Form. Hier herrscht Uneinigkeit unter Experten, welche Form bzw. welche Mischform am besten geeignet ist. Am häufigsten sind die folgenden vier Formen:

Bei Methylcobalamin und Adenosylcobalamin handelt es sich um aktive Formen. Unklar ist, ob Methylcobalamin ausreichend in Adenosylcobalamin umgewandelt werden kann, ob ein Methylcobalamin-Präparat alleine also ausreichend ist oder ob es in Kombination mit Adenosylcobalamin eingenommen werden sollte.

Cyanocobalamin ist eine synthetische Form. Sie kommt in der Natur so nicht vor und muss vom Körper in die benötigte Form umgewandelt werden. Dafür ist diese Form aber stabiler.

Hydroxycobalamin findet sich eher selten in Supplementen, kann aber wahrscheinlich in aktive Formen umgewandelt werden.

Deswegen kann und möchte ich dir hier keine konkrete Empfehlung geben. Wahrscheinlich ist es aber so, dass es mit dem meisten Präparaten möglich ist, die Vitamin B12-Spiegel im Körper anzuheben – egal in welcher Form.

Auch die Höhe der optimalen Supplementierung ist ein spannendes Thema.

Diese ist unter anderem auch von der Form abhängig. Da Cyanocobalamin recht stabil ist, kann es wahrscheinlich in geringerer Höhe supplementiert werden, als andere B12-Formen.

Aufgrund der limitierten aktiven Aufnahme, können auf einmal nur ca. 1,5-2,5µg Vitamin B12 aufgenommen werden. Supplemente in dieser Größenordnung sollten also am besten nicht nur 1x täglich eingenommen werden.

Allerdings steigt mit der Dosishöhe der Anteil der passiven Aufnahme, sodass höhere Dosen sinnvoll sein können und dann auch seltener eingenommen werden müssen.

Wie hoch sollte denn nun die optimale Tagesdosis sein? Das ist eine spannende Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt.

Einerseits gilt Vitamin B12 aufgrund seiner Wasserlöslichkeit auch in hohen Mengen als relativ sicher. Andererseits machten viele Schlagzeilen zum Thema Vitamin B12 und Krebs die Runde (mehr dazu unter „Überdosierung“).

Sieht man sich die gängigen Präparate im Handel an, so findet man häufig eine Dosierung von 1000µg. Aber auch höher dosierte Supplemente sind keine Seltenheit. Niko Rittenau empfiehlt für erwachsene Veganer 1x 250µg täglich (Hier findest du eine schön aufgeschlüsselte Übersicht mit seinen Empfehlungen).

Grundsätzlich ist die Höhe der Supplementierung davon abhängig, ob man „vorbeugend“ supplementiert (z.B. als Veganer) oder ob bereits ein Mangel festgestellt wurde. Auch bei verschiedenen Krankheiten oder im Alter kann eine Supplementierung sinnvoll sein.

Im Unterpunkt „Überdosierung“ werde ich noch einmal genauer auf eventuelle Risiken bei bestimmten Dosishöhen eingehen.

Vitamin B12 Supplementierung Präparate

Vitamin B12-Mangel

Da der Körper über vergleichsweise große Speicher an Vitamin B12 verfügt, kann es durchaus ein paar Jahre dauern, bis sich ein Mangel bemerkbar macht.

Zu den Mangelsymptomen zählen Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Kraftlosigkeit, Aufmerksamkeitsdefizite, depressive Verstimmungen, Blutarmut und Immunschwäche. Bei andauerndem Mangel sind auch schwerere Symptome möglich, wie etwa taube Gliedmaßen, Verwirrtheit, Lähmungen und Koordinationsstörungen. Außerdem kann es zu Gehirnschädigungen kommen. Dabei können die Schäden auch irreversibel sein – mit einem Vitamin B12-Mangel ist also nicht zu spaßen!

Zu den Risikogruppen bzw. -faktoren zählen:

  • Veganer
  • Vegetarier, v.a. bei kleinem Anteil an tierischen Produkten in der Ernährung und/oder bei erhöhtem Bedarf (z.B. Schwangerschaft)
  • Ältere Menschen (hier wird oft nicht genügen Intrinsic Factor im Magen produziert)
  • Medikamente, die die Vitamin B12 Aufnahme verringern (z.B. Protonenpumpenhemmer, blutzuckersenkende Medikamente, blutdrucksenkende Medikamente, Betablocker, cholesterinsenkende Medikamente, magensäureneutralisierende Medikamente, Anti-Baby-Pille, hoch dosierte Vitamin C Präparate, …)

Auch unabhängig von der Ernährung ist also ein Vitamin B12-Mangel möglich. Grundsätzlich entweder bedingt durch eine zu geringe Bildung des Intrinsic Factors oder durch eine verringerte Aufnahme im Darm (z.B. wenn Teile des Darms entfernt wurden).

Als Statusparameter zur Bestimmung eines Vitamin B12-Mangels gilt Holo-Transcobalamin-II (Holo-TC) (s. Aufnahme im Körper). Dieser misst nur aktives B12 im Blut. Da dieser Marker bei Mangelsituationen schnell abfällt, ist er auch für frühzeitige Diagnosen gut geeignet.

Serum B12 beinhaltet neben dem aktiven Holo-TC (was etwa 20% des Gesamt B12 im Blut ausmacht) auch inaktives B12 und dient damit eher zur Orientierung. Allerdings ist dieser Test kostengünstiger und wird daher oft standardmäßig durchgeführt.

Auch erhöhte Methylmalonsäure und erhöhte Homocystein-Spiegel können auf einen B12-Mangel hinweisen.

Folgende Grenzwerte kann man für Holo-TC heranziehen: Unter einem Spiegel von 35pmol/l ist von einem Vitamin B12-Mangel auszugehen (zusammen mit erhöhten Methylmalonsäure-Spiegeln ein Indikator für einen metabolisch manifesten Mangel schließen). Ab 50pmol/l geht man von einer guten Vitamin B12-Versorgung aus. Zwischen 35 und 50 pmol/l herrscht eine Art Graubereich. Hier kann eine Unterversorgung vorliegen – zur Abklärung eines Mangels ist weitere Diagnostik erforderlich.

Vitamin B12-Überdosierung

Vitamin B12 zählt zu den wasserlöslichen Vitaminen. Damit wird ein eventueller Überschuss einfach über den Urin ausgeschieden. Deswegen gilt B12 grundsätzlich auch in hohen Mengen als untoxisch.

Auch bei täglicher Gabe von bis zu 5mg (das sind 5.000µg) über einen längeren Zeitraum wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. Deswegen legt die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) auch keine definierte Obergrenze für die tägliche Aufnahme des Vitamins fest.

Allerdings berichten die Medien immer wieder über einen möglichen Zusammenhang zwischen Vitamin B12-Supplementierung und Krebs. Dies steht ja in direktem Widerspruch zum vorherigen Absatz! Was stimmt nun also?

Du ahnst es schon: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten.

Auf einzelne Medienberichte will ich nun gar nicht genauer eingehen. Denn leider handelt es sich oft (natürlich nicht immer!) um Einzelfallberichte, falsche Interpretation von Studien und reine Panikmache. Aber was sagt denn nun die Wissenschaft dazu?

In den letzten Jahren wurden einige Studien publiziert, die auf einen Zusammenhang zwischen hohen Vitamin B12-Spiegeln und der Entstehung von Lungenkrebs hinweisen.

Alle Studien zu diesem Thema ausführlich auszuwerten, würde den Rahmen dieses Blogartikels sprengen. Ich möchte aber gerne einen kurzen Einblick geben, warum diese Auswertung so kompliziert ist:

  • Zusammenhang ist nicht gleichzusetzen mit Kausalität. D.h. es muss nicht sein, dass hohe Vitamin B12-Spiegel auch die Ursache für die Krebsentstehung sind. Sie könnten lediglich ein Biomarker sein oder sogar eine Folge.
  • Wer waren die Studienteilnehmer? Probanden mit erniedrigten Spiegeln? Mit bestimmten Krankheiten? Veganer?
  • Wurden Supplemente eingenommen? Wenn ja, welche? Hochdosiert? Isoliert? Zusammen mit anderen Vitaminen?
  • Bedeutet ein hoher Vitamin B12-Spiegel gleich die Einnahme hochdosierter Supplemente oder kann er auch anders zustande kommen?
  • Wie wurden die Blutspiegel gemessen? Gesamt B12? Holo-TC?
  • ….

Deswegen lässt sich nach aktuellen Forschungsstand nicht allgemeingültig schlussfolgern, ob und wie Vitamin B12 das Krebsrisiko erhöhen kann. Besonders bezogen auf eine tägliche Supplementierung bei pflanzenbasierter Ernährung – dies dürfte für die meisten von uns ja der relevante Anwendungsfall sein.

Grundsätzlich würde ich bei hochdosierten Präparaten aber zu Vorsicht aufrufen. Entscheidend ist letztendlich vermutlich die Blutkonzentration. Es macht einen Unterschied, ob man hoch dosierte Präparate einnimmt, die den Blutspiegel „unnötig“ erhöhen. Oder ob man hoch dosierte Supplemente zu sich nimmt, um einen Mangel auszugleichen. Wenn niedriger dosierte Präparate ausreichen, um die wünschenswerten Blutkonzentration zu erreichen, dann ist das super! Ansonsten kann man die Dosis ggf. erhöhen.

Vitamin B12 Ernährungswissen

Medizinischer Disclaimer:

Die Informationen in diesem Artikel wurden sorgfältig recherchiert und zusammengetragen. Trotzdem erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Inhalte dienen der neutralen Information und Weiterbildung, stellen aber keine konkrete Empfehlung dar. Sie ersetzen in keinem Fall die fachliche Beratung durch einen Arzt. Bitte wende dich bei konkreten Fragen und Problemen immer an deinen Arzt!

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