Sicherlich hast du schon einmal vom Glykämischen Index gehört. Aber was genau bedeuten diese Werte eigentlich? Und sind sie wirklich nur für Diabetiker relevant, oder können sie auch generell für eine gesunde Ernährung herangezogen werden? Welche Lebensmittel sind dementsprechend zu bevorzugen? Und welche Schwachstellen hat das Konzept des Glykämischen Index? All das erfährst du in diesem Artikel.

Glykämischer Index und Glykämische Last

Glykämischer Index

Der Glykämische Index ist ein Wert zur Beurteilung der blutzuckersteigernden Wirkung unserer Nahrung. Er sagt aus, wie stark und wie schnell der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels ansteigt.

Als Referenzwert dient dabei Glukose, also Traubenzucker. Dieser hat einen glykämischen Index (GI) von 100.

Als hochglykämisch gelten Lebensmittel mit einem GI von >70, mittelgradig glykämisch ist der Bereich 56-69 und als niedrig glykämisch gelten Produkte mit einem GI von unter 55.

Glykämischer Index Lebensmittel

Je höher der Glykämische Index eines Lebensmittels, desto schneller steigt der Blutglukosespiegel nach einer Mahlzeit an und desto höher liegt auch dessen Maximalwert.

Ein hoher Glykämischer Index lässt nicht nur den Blutzucker stark ansteigen, sondern auch die Insulinspiegel im Blut. Insulin fördert unter anderem die Zuckeraufnahme in die Zellen und senkt somit den Blutzuckerspiegel. Dieser Effekt hält auch noch 2-4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme an, sodass der Blutzuckerspiegel sogar bis in die „Unterzuckerung“ absinken kann. Die Folge ist (Heiß-)Hunger, da der Körper neue Nahrung braucht – bevorzugt schnell verfügbare Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel wieder rasch ansteigen lassen. Also am besten Zucker. Ein Teufelskreis.

Der Glykämische Index ist von vielen Faktoren abhängig. Hauptsächlich wird er durch die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung beeinflusst. Grob kann man sagen, dass Lebensmittel mit vielen schnell verfügbaren Kohlenhydraten einen hohen glykämischen Index haben, während Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten oder generell mit wenig Kohlenhydraten eher einen niedrigeren glykämischen Index aufweisen. Beispielsweise hat Weißbrot einen GI von ca. 70, während ein Vollkornbrot mit ganzen Körnern einen GI von etwa 50 hat.

Allerdings wird der GI auch durch die Zubereitungsweise bzw. den Verarbeitungsgrad beeinflusst. Zerkleinern, Zermahlen, langes Garen und Erhitzen können den glykämischen Index  eines Lebensmittels erhöhen. Beispielsweise haben Spaghetti einen GI von etwa 40. Würde man sie 20 Minuten lang kochen, statt der üblichen 8-12 Minuten, so erhöht sich der GI auf ca. 60-80.

Außerdem haben folgende Faktoren ebenfalls Einfluss auf den glykämischen Index: Verweildauer der Nahrung im Magen, Ballaststoffzufuhr, Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen, die für den Kohlenhydratstoffwechsel wichtig sind; Absorptionsraten im Dünndarm, Zusammensetzung der Stärke im Lebensmittel, …

Aufgrund dieser komplexen Einflussfaktoren sind die Werte des GI nicht als absolute Werte anzusehen. Zudem sind Ungenauigkeiten bei der Messung möglich, weshalb das Konzept des Glykämischen Index umstritten ist.

Hinzu kommt, dass der Glykämische Index den Kohlenhydratgehalt eines Lebensmittels außer Acht lässt. So haben zum Beispiel Weißbrot und Karotten beide einen GI von ca. 70, allerdings enthalten Karotten nur etwa 4% Kohlenhydrate. Somit sind in einer üblichen Portion Karotten deutlich weniger Kohlenhydrate enthalten, als in einer üblichen Portion Weißbrot. Deswegen wird zusätzlich bzw. stattdessen oft das Konzept der Glykämischen Last verwendet:

Glykämische Last

Die Glykämische Last berücksichtigt im Gegensatz zum Glykämischen Index die Gesamtmenge an verzehrten Kohlenhydraten.

Sie berechnet sich aus dem Glykämischen Index, mulitpliziert mit der Kohlenhydratmenge im Lebensmittel.

(Achtung bei tabellierten Werten – hier ist immer die Portionsgröße zu berücksichtigen!)

Im vorherigen Beispiel mit Karotten und Weißbrot, welche beiden den gleichen GI haben, bedeutet das beispielsweise:

100g Weißbrot enthalten ca. 50g Kohlenhydrate. Die Glykämische Last beträgt somit 70 x 50 / 100 = 35
100g Karotten enthalten ca. 4g Kohlenhydrate. Die Glykämische Last beträgt somit lediglich 70 x 4 / 100 = 3

Als niedrige Glykämische Last gelten Werte unter 10, eine hohe Glykämische Last liegt über 20.

Die Glykämische Last ist also ein Indikator für die Blutzuckerwirkung einer bestimmten Lebensmittelportion.

Glykämischer Index Glykämische Last

Glykämischer Index und die Ernährung

Welche Bedeutung haben der Glykämische Index und die Glykämische Last denn nun für unsere Ernährung?

Ernährungswissenschaftliche Studien geben Hinweise darauf, dass die Konzepte des Glykämischen Index und der Glykämischen Last eine Rolle bei der Prävention ernährungsbedingter Erkrankungen spielen können. Studien konnten zeigen, dass eine Ernährung mit hohem Glykämischen Index das Risiko für Adipositas (bei Frauen), Diabetes mellitus Typ 2 und Koronare Herzkrankheiten (bei Frauen) erhöhen kann. Außerdem kann sie die Gesamtcholesterinspiegel erhöhen. Eine Ernährung mit hoher Glykämischer Last kann das Risiko für maligne Tumore in der Gebärmutterschleimhaut und Koronare Herzkrankheiten (bei Frauen) erhöhen. Zudem ist eine hohe GL mit erhöhten Blutfettwerten assoziiert. Allerdings ist die Studienlage nicht immer eindeutig bzw. nicht aussagekräftig genug für kausale Zusammenhänge.

Grundsätzlich wird empfohlen, Nahrung mit niedriger Glykämischer Last zu verzehren. Dies kann durch Lebensmittel mit niedrigem Glykämischen Index oder durch eine Reduktion der Kohlenhydratzufuhr erreicht werden. Oder durch eine Kombination aus beiden. Allerdings ist eine extreme Senkung der Kohlenhydratzufuhr nicht empfohlen. Unter anderem, weil wir so weniger wertvolle Ballaststoffe zu uns nehmen.

Zusammenfassend gesagt gelten der Glykämische Index und die Glykämische Last als Orientierungshilfe für die Aufnahme qualitativ hochwertiger Kohlenhydrate. Diese sind vor allem in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und einigen Obst- und Gemüsesorten zu finden. Und diese stehen wiederum im Einklang mit den generellen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung.

Glykämischer Index und Glykämische Last

Quellen:

Biesalski et al. (2017): Ernährungsmedizin, 5. Aufl., Stuttgart, Thieme, S. 110f.
Strohm, D. (2013) Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept?
Ernährungsumschau 01/2013, S. M26-M38. Buyken, A. (2003): Glykämischer Index: Revolution oder Sturm im Wasserglas, UGB Forum, 04/2003, S. 201-204.

Mehr spannendes Ernährungswissen:

Zuckeralternativen im Vergleich
Ballaststoffe
Wie viel Zucker pro Tag sollte man essen?